Bonuskapitel zu Band 1

Bonuskapitel zu Band 1

Kein Weg zurück

 

Dies ist eine “her­aus­geschnit­tene Szene” zu Band 1 — Leyara und die Traumwan­dler, die nur hier, auf mein­er Web­seite, für meine treuen Fans veröf­fentlicht wird. 

Viel Spaß beim Lesen 🙂

Klein-Westfelden

Der Tag war lang gewe­sen, aber irgend­wie fand ich keinen Schlaf. Zu Hause hätte ich jet­zt mit Jörg Tee getrunk­en und über den Tag gesprochen. Das half immer. Aber hier hat­te ich niemanden.

Ich stand auf und ging die Treppe hin­unter in die Küche, welche Leyara und ich am frühen Abend vom gröb­sten Dreck befre­it hat­ten. Alles war so, wie wir es nach dem Aben­dessen ver­lassen hat­te. Es war auch undenkbar, dass jemand in ein Haus der Traumwan­dler ein­drang. Warum also kam ich nicht zur Ruhe?

Ich horchte in mich hinein, konzen­tri­erte mich ganz auf dieses Gefühl. Und ja, da war sie. Diese Vorah­nung, die mir als Schwarz­tasche so oft gute Dien­ste geleis­tet hat­te. Irgen­det­was stimmte nicht. Stimmte ganz und gar nicht!

Ich schob den Kessel mit dem restlichen Tee des Abend­brots über das Feuer. Dann eilte ich mit raschen Schrit­ten die Treppe hin­auf und direkt zu Mel­chior ins Zim­mer. Das Öff­nen der Tür schien ihn geweckt zu haben, denn er sah mich ver­schlafen an.

“Bere­ite bitte die Pferde für Leyara und Jonathan vor!”

“Was? Aber wieso?” Mel­chior rieb sich über die Augen. “Es ist tief­ste Nacht, Astrid!”

“Bitte, tu es einfach.”

Mel­chior schüt­telte langsam den Kopf, erhob sich dann aber und griff nach seinem Hemd.

Ich eilte hin­aus. Jonathan hat­te das erste Zim­mer zur Recht­en im Gäste­bere­ich. Als ich es betrat, sah ich nur einen Strubbelkopf auf dem Kissen. Ein leicht­es Stupsen weck­te ihn.

“Zieh dich an, Jonathan”, forderte ich ihn auf und wandte mich zum Gehen.

Im ganzen Zim­mer lagen Klei­dungsstücke, Schuhe, Rasierzeug und andere Uten­silien verteilt. Jörg war nicht anders, auch er kon­nte inner­halb kürzester Zeit Unord­nung schaf­fen. Männer!

“Und pack deine Sachen”, fügte ich hinzu.

Wider­spruch­s­los erhob sich Jonathan und begann, alles in die Sat­teltaschen zu stopfen.

“Ver­giss nicht, dir die Klei­dung des Knechts anzuziehen. Komm dann in die Küche.” Mit diesen Worten ver­ließ ich den Raum und betrat das gegenüber­liegende Zimmer.

Leyara tat mir leid. Sie war nach dem Aben­dessen direkt schlafen gegan­gen. Aber es half nichts.

Es dauerte einen Moment, ehe ich sie geweckt bekam. Mit einem leisen Schrei fuhr sie hoch.

“Was ist los, Astrid?” Sie warf einen Blick aus dem Fenster.

“Ihr müsst weit­er, Leyara”, sagte ich.

“Aber wieso?”

“Irgend­was stimmt nicht, ich habe ein ungutes Gefühl. Beeil dich!”

Ich nahm ihre Sat­teltaschen und ver­ließ den Raum, während sie sich erhob. Immer­hin hat­te sie nicht ausgepackt!

In der Küche stellte ich Leyaras Taschen neben der Tür ab. Der Tee blub­berte bere­its und ich füllte zwei Tassen. Jonathan betrat den Raum und ließ seine Sat­teltaschen neben der Tür fall­en. Ich dirigierte ihn auf einen Stuhl am Esstisch und drück­te ihm eine der Tassen in die Hand.

Als Mel­chior von den Pfer­den zurück­kam, deutete ich auf die Sat­teltaschen. Wort­los nahm er sie und ver­ließ erneut das Haus. Wenig später betrat Leyara den Raum. Sie trug die Klei­dung der Schwarz­taschen. Ihr war kein Fehler unter­laufen. Gut.

Ich reichte auch Leyara eine Tasse mit Tee. “Mel­chior macht ger­ade eure Pferde fertig.”

“Es ist mit­ten in der Nacht!”, beschw­erte sich Jonathan. Er wurde langsam wacher.

“Ver­trau mir, Jonathan”, sagte ich. “Ich habe ein Gespür dafür, wenn Gefahr dro­ht. Ihr müsst weit­er. Und zwar so schnell wie möglich.”

In dem Moment betrat Mel­chior die Küche.

“Ich habe am Ende der Dorf­s­traße Fack­eln gese­hen”, berichtete er. “Außer­dem gab es Geschrei.”

“Dann machen wir uns sofort auf den Weg.” Leyara erhob sich entschlossen, nahm das Paket mit Verpfle­gung, das ich nach dem Aben­dessen vor­bere­it­et hat­te und ihr nun hin­hielt, und ver­ließ die Küche. Mel­chior, Jonathan und ich fol­gten ihr. Leyaras Auftreten machte mir Hoff­nung, dass sie ihren Auf­trag würde erfüllen kön­nen. Dass sie die Rolle der Botin überzeu­gend spie­len würde.

Geschickt ver­staute Leyara das Verpfle­gungspaket in ihren Sat­teltaschen und schwang sich in den Sat­tel. Jonathan gäh­nte, fol­gte aber ihrem Beispiel. Wort­los ritt Leyara vom Hof. Jonathan fol­gte ihr langsamer. Ich sah ger­ade noch, die Leyara nach den Zügeln seines Pfer­des griff und es mit sich zog.

Mel­chior ging bere­its zum Haus zurück, aber ich kon­nte mich noch nicht los­reißen. Wür­den die zwei es schaf­fen? Kon­nten sie wirk­lich die Traum­lande erre­ichen? Sie waren bei­de so uner­fahren. Leyara war unsich­er, ging kaum aus sich her­aus. Und Jonathan? Es war nur eine Frage der Zeit, bis er bei den Bärin­nen aneck­te. Dann würde Leyara die Wogen glät­ten müssen. Es war ein Risiko, Leyara mit meinen Botin­nen­klei­dern auszus­tat­ten. Aber da ein Traumwan­dler sie geschickt hat­te, musste ich sie unterstützen.

Ich holte tief Luft. Es war still gewor­den über den Feldern und die Kälte der Nacht kroch langsam unter mein Hemd. Mit einem Seufzen wandte ich mich ab. Hin­ter dem Haus der Wan­dler kon­nte ich das Dorf aus­machen. Fack­eln leuchteten im Dunkeln. Von fern hörte ich met­allis­ches Klir­ren und Schreie. Ein­deutig ein Kampf.

Mel­chior saß in der Küche und trank Tee. Ich füllte mir eben­falls eine Tasse und set­zte mich zu ihm. Vom Kochfeuer war nur noch wenig Glut übrig und die Kerze auf dem Tisch erleuchtete den Raum kaum. Durch das rück­wär­tige Fen­ster hat­ten wir einen guten Blick auf das Dorf. Die Fack­eln bewegten sich, mal langsam, mal hastig. Angstvolle Schreie waren zu hören, aber auch Kampfrufe und Waf­fengek­lirr. Mel­chior wirk­te im schwachen Licht der Kerze besorgt, unruhig. Und ich? Fühlte mich nicht bess­er als er aus­sah. Ich hat­te das ein oder andere Handge­menge erlebt in mein­er Zeit als Schwarz­tasche. Aber einen Angriff der Löwen? Das war etwas ganz anderes.

In einem Gren­zge­fecht hat­te ich nichts ver­loren. Vielle­icht kon­nte ich es unbe­merkt nach Hause schaffen.

Aus den Augen­winkeln sah ich, wie Mel­chior mit ble­ichem Gesicht und zit­tern­den Hän­den in seine Tee­tasse star­rte. Dieser junge Traumwan­dler war schon damit über­fordert, für die tief­schlafend­en Wan­dler zu sor­gen. Kon­nte ich ihn guten Gewis­sens allein lassen?

Ein Poltern an der Haustür riss mich aus meinen Gedanken. Mel­chior erhob sich. Seine Bewe­gun­gen erin­nerten an einen alten Mann. Ich fol­gte ihm und blieb im Flur stehen.

Mel­chior öffnete die Tür. Vor ihm stand ein Sol­dat der Löwen, deut­lich erkennbar an dem großen, gel­ben Löwen auf dunkel­blauem Grund auf sein­er Brust. Am Gür­tel hing ein Schw­ert, auf dem Rück­en ein Schild.

“Seid gegrüßt, ehrwürdi­ger Traumwan­dler”, sagte der Sol­dat. “Dieses Dorf wurde dem Reich des Löwen angegliedert”

Mel­chior nick­te müde. “Welchen Grund sehen die Löwen, hier­her zu kommen?”

“Dieses unfähige Mist­stück, das sich Köni­gin nen­nt, hat das Gle­ichgewicht der Traumwelt durcheinan­derge­bracht und so die Traumwan­dler zu ewigem Schlaf ver­dammt”, erk­lärte der Sol­dat. Wut schwang in sein­er Stimme mit. “König Matthias hat uns daher beauf­tragt, das Gle­ichgewicht in unser­er Welt wieder­herzustellen, sodass auch die Traumwelt wieder ins Gle­ichgewicht kommt.”

Ich zwang mich, ruhig zu bleiben. Wie kon­nte er es wagen, Köni­gin Leoni der­ar­tig zu belei­di­gen! Am lieb­sten hätte ich ihn zurecht­gewiesen, aber ich hat­te keine Waf­fen. Und selb­st, wenn ich ihn besiegen kon­nte, so war er nicht der einzige Sol­dat in Klein-West­felden. Ich ballte die Fäuste, als die Real­ität mein­er Lage zu mir durch­drang. Unter diesen Umstän­den würde ich wed­er mor­gen noch in den näch­sten Tagen zu Jörg zurück­kehren können.

“Natür­lich hat er uns angewiesen, die Traumwan­dler zu unter­stützen, wo es nur geht”, fuhr der Sol­dat fort. “Wenn Ihr also etwas benötigt, so braucht Ihr es uns nur zu sagen.”

“Habt Dank für dieses Ange­bot”, sagte Mel­chior stock­end. Er stützte sich am Tür­rah­men ab, als kön­nten seine Beine ihn nicht mehr tra­gen. “Wenn wir Eure Hil­fe benöti­gen, wer­den wir auf euch zukommen.”

Der Sol­dat nick­te kurz, dann wandte er sich zack­ig ab und marschierte zurück auf den Dorfplatz.

Ich seufzte. Das Schick­sal führte die Men­schen an den Ort, an dem sie gebraucht wur­den. Anscheinend war es meine Bes­tim­mung, Mel­chior und den Traumwan­dlern zu helfen.

k

Für Blogger

i

Für Leser

Für Veranstalter

Folge mir auf Instagram

Newsletter abonnieren

Melde dich für meinen Newslet­ter an. So erfährst du immer als erstes, was es Neues bei mir gibt.

Deine Dat­en wer­den natür­lich nicht an Dritte weit­ergegeben und du kannst dich jed­erzeit, mit einem Klick, in jed­er Mail abmelden.